In Constanta (28.08.2015)
Die Nacht war erholsam, wenn auch all unsere Nachbarn ihre Musikbeschallungen miteinander konkurrieren ließen, von orientalischer Popmusik bis zum sozialistischen Arbeiterlied gibt es- auch tagsüber- alles im Angebot. Wir wähnen uns schon fast in Istanbul.
Nach dem Frühstück machen wir einen Bummel durch die Altstadt und sind wie so oft schon auf dieser Reise fasziniert und irritiert von den krassen Gegensätzen von Schönheit und Abgewracktheit.
Ehemals hochherrschaftliche Gebäude der Jahrhundertwende verrotten zusehends, einiges ist aber auch vorbildlich renoviert. Dazwischen nackte Betongerippe und Müll, an dem sich anscheinend keiner stört. Und in der Skyline immer wieder die Kräne der riesigen Hafenanlage.
Insgesamt macht die Stadt aber einen durchaus lebendigen und freundlichen Eindruck.
Nach dem Einkauf von frischem Obst und Gemüse genießen wir auf unserem Boot die spezielle Atmosphäre des Hafens. Keine Frage, jetzt sind wir an der See, endlich sind wir nicht mehr das größte Boot im Hafen.
In Constanta (29. – 30.08.2015)
Hier im Hafen ist immer was los. Entweder kommt ein Fischerboot herein und säckeweise wird der Fang gewogen und auf LKWs verladen, oder an den Nachbarbooten wird gewerkelt. Wir sind auch nicht komplett faul und stellen endlich mit Hilfe von Wagenheber und Seilwinde den Geräteträger auf, zum ersten Mal seit Jahren. Ferner macht sich der Kapitän vertraut mit all den verfügbaren Wind-und Wettervorhersagemöglichkeiten.
Immer wieder nutzen die Einwohner des Ortes die Hafenpromenade zum Spaziergang, manchmal werden wir um ein Foto gebeten, und ein stolzes Kind wird auf unser Boot gehoben und abgelichtet.
Beim Gang durch die Stadt nehmen wir uns die andere Seite des Ortes vor und landen prompt in einer Fußgängerzone. Auch hier erleben wir den krassen Gegensatz von modernen Shoppingmalls und Dreckecken. Zweimal passiert es uns, dass wir von einem Typen gefragt werden, ob wir Touristen seien und in welchem Hotel wir wohnten, bis auf einmal ein anderer Mann mit irgendeinem Ausweis angeschossen kommt und uns erzählt, der Mann sei ein Drogendealer und er wolle unsere Tasche und unsere Pässe sehen. Wir lassen uns aber nicht überrumpeln und winden uns aus der Situation, ohne bestohlen zu werden. Danach sehen wir ,wie Polizist und Drogendealer einträchtig nebeneinander davonziehen. Diese Masche passiert uns noch ein zweites Mal mit fast gleichem Ablauf, nicht wirklich gefährlich ,aber lästig und unangenehm.
Zum Glück sind das die einzigen negativen Erfahrungen mit den Menschen hier. Am Abend erleben wir das Kontrastprogramm: wir sind zu Gast auf einem der Nachbarschiffe, ein wunderschönes altes Holzsegelboot, und werden mit Fisch und Grillwurst verwöhnt. Wie es der Zufall so will, lernen wir ein nettes rumänisches Paar kennen, das seit Jahren in Wuppertal wohnt und hier zu Besuch ist. Viktoria und Ion dolmetschen perfekt den ganzen Abend, so dass wir das Glück haben, endlich auch mal richtige Gespräche mit unseren rumänischen Nachbarn zu führen. Dabei stellt sich heraus, dass unser Gastgeber Matthei einen ganz besonderen Beruf hatte: er war ein erfolgreicher Kunstturntrainer und hat sogar 3 Jahre lang die griechische Olympiamannschafft im Kunstturnen trainiert. Er denkt gerne an die tolle Zeit und sehnt sich manchmal heute noch nach Griechenland zurück. Sein Bootsnachbar weiß das und lässt ab und an für ihn laut griechische Folkloremusik laufen.
Jetzt wissen wir auch die Namen der zutraulichen Hafenkatzen, und wir erleben einen herrlichen langen lustigen Abend.