Von Tsarevo nach Poyraz (15.09.2015)
Der Wecker klingelt um 6 Uhr, denn wir wollen angesichts der langen Etappe von 170 km früh los, damit wir möglichst nicht bei Dunkelheit ankommen. Doch die bulgarischen Behördenmühlen mahlen langsam, ohne Ausklarierung keine Weiterfahrt, und zu allem Überfluss hat sich eine Mooringleine unter unserem Boot verhakt, die wir aber mit einigem Gewurschtel befreien können.
Bis alles erledigt ist, ist es fast 9 Uhr, und dann stehen sie alle-Hafenmeister, die Helfer, Polizeibeamtin, Zöllner- und winken uns zum Abschied, was uns dann doch ziemlich rührt und den Ärger über die verstrichene Zeit verblassen lässt. Der Hafenmeister scheint fast traurig, dass er gestern keinen weiteren Versuch gewagt hat, uns zu besuchen, gerne hätte er unser Boot und vor allem den Motorraum besichtigt. Na ja, nächstes Mal, aber ehrlich gesagt zieht uns so schnell nichts wieder nach Tsarevo.
Das Meer zeigt sich zunächst von seiner freundlichen Seite, wir genießen es, wieder unterwegs zu sein und an der imposanten Steilküste entlangzufahren. Auf türkischem Staatsgebiet wird es noch einsamer, kaum Besiedlung, tolle Felsformationen, unzählige Grünschattierungen des Meeres. Nur leider bleibt dem Kapitän wenig Muße, die Natur zu beobachten, denn der Wellengang wird ruppiger. Die Wellen sind zwar nicht furchteinflößend hoch, aber unruhig und kommen von mehreren Seiten. Gischt spritzt immer wieder übers Deck und spült irgendwann sogar die langen Fender aus ihren Körben. Zum Glück haben wir sie angebunden, und so verlieren wir keinen.
Wir fahren heute durchgehend mit beiden Maschinen mit 1100 Touren und erreichen so eine Geschwindigkeit von 17,5 km/h. Die können wir auch halten, und tatsächlich erreichen wir nach knapp 10 Stunden Fahrt die Einfahrt in den Bosporus. Waren wir vorher an der einsamen türkischen Küste nahezu allein unterwegs, so liegen nun kurz vor dem Bosporus zahlreiche große Frachter.
Welch ein besonderes Gefühl, in den Bosporus einzufahren und kurze Zeit später im Hafen von Poyraz zu ankern! Der Kapitän ist glücklich, aber ziemlich fertig. Das gibt ordentlich Muskelkater in den Beinen vom ständigen Abstützen gegen die Wellen.
Zum Beweis, dass wir nun wirklich in der Türkei sind, singt der Muezzin uns ein Willkommenslied, so kommt es uns zumindest vor.